Joachim Rágóczy – Liebe, Lust und Tod

Liegender Frauenakt, 1915
Liegender Frauenakt, 1915

Grafische Notizen aus dem Berlin der Weimarer Republik

Stars im Scheinwerferlicht des Kabaretts, Einsame in düsteren Kaschemmen oder Trauernde auf Friedhöfen: Das Personal der Licht- und Schattenseiten in der Weimarer Republik bevölkert die grafischen Blätter von Joachim Rágóczy (1895-1975). Seine Ausbildung erhielt er an der Lehranstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums. Aus der Klasse seines berühmten Lehrers Emil Orlik (1870-1932) gingen Künstlerinnen und Künstler wie George Grosz, Hannah Höch und Karl Hubbuch hervor. Rágóczys technisch brillante Holzschnitte verraten eine Affinität sowohl zur grüblerischen Symbolik wie zur expressiven Gestaltungsweise seines Vorbildes Edvard Munch. Seine aquarellierten Zeichnungen sind schnelle, lebendige Notizen aus dem Berlin der 1920er Jahre.

Als persönlicher Sekretär und Drucker Emil Orliks verdiente der exzellente Grafiker ein karges Brot. Das eigene künstlerische Werk Rágóczys musste zu Lebzeiten Orliks hinter dem des Arbeitgebers in den Hintergrund treten. Neben den Berliner Großstadt-Themen fand Rágóczy auf seinen Reisen seit Mitte der 20er Jahre in Dänemark und Ostpreußen, auf Sylt und in Langballigau bei Flensburg zudem ländliche Motive für seine expressiven virtuosen Holzschnitte.

In den 1930er Jahren änderte sich die politische Lage in einer Weise, die ein freies Kunstschaffen beinahe unmöglich machte. Joachim Rágóczy überlebte das Dritte Reich als Bibliothekar der Berliner Kunsthochschule und musste dann mit 50 Jahren in den ungesicherten Künstlerberuf zurückkehren, wie so viele Künstler der „verlorenen Generation“. Ab 1955 konnte er seine Altersversorgung erneut im Brotberuf des Bibliothekars sichern. Der Künstler starb - nahezu erblindet - 1975 in Berlin.

Der Museumsberg Flensburg macht es sich zum Anliegen, mit der Ausstellung von über 70 Grafiken aus Joachim Rágóczys Schaffen nicht nur das nahezu unbekannte Œuvre dieses Künstlers einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, sondern auch noch einmal das Ende des Ersten Weltkrieges, die Novemberrevolution 1918 und die daraus resultierenden in jeder Hinsicht bewegten 1920er Jahre in der Weimarer Republik zu thematisieren.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Ort: Heinrich-Sauermann-Haus

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